Aurelia König und Thorsten Oeser wollen eine Tradition aufleben lassen: das Mosten auf dem Becker-Betriebsgelände in Lüdenhausen. Sie ernten die Äpfel der Streuobstwiese auf den Höhen hinter dem Gebäude. Kardinal Bea wird zu Saft
Aurelia König und Thorsten Oeser ernten demnächst die Äpfel der Streuobstwiese in Lüdenhausen und produzieren dann den Saft auf dem Gelände der früheren Mosterei Becker. Foto: Jens Rademacher
Kalletal-Lüdenhausen. Seit etwa zehn Jahren gibt es keinen Becker-Saft aus Lüdenhausen mehr. Nun wollen Thorsten Oeser und Aurelia König die Tradition wiederbeleben – auf dem früheren Betriebsgelände der Mosterei. Sie haben den Apfelhain auf den Höhen hinter der Lüerdisser Straße unter ihre Fittiche genommen und wollen im Herbst eine mobile Mosterei aufbauen.
„Nostalgie“ nennen die beiden als ihre Motivation, die Mosterei König-Oeser zu gründen. Aurelia König stammt aus Lüdenhausen und kann sich noch gut an den Betrieb der Mosterei erinnern. „Es war auch mal mein Arbeitgeber“, sagt die 53-Jährige. Auch ihr aus Lemgo stammender Mann weiß noch, wie er als Kind mit seinem Vater bei Becker mosten ließ. Der Saft aus Lüdenhausen hatte nach dem Urteil vieler Kunden von früher eine hervorragende Qualität.
Nun wollen die beiden an die Tradition anknüpfen. Im Jahr 2016 ersteigerten sie den Teil des Becker-Geländes mit dem Wohnhaus und den halben Apfelhain. 40 Bäume stehen darauf, „die anderen 50 dürfen wir ernten“, sagt Thorsten Oeser. Der 53-Jährige und seine Frau spuckten in die Hände und brachten Hain und Haus wieder auf Vordermann. „Über drei Jahre hatte sich niemand mehr um den Garten gekümmert“, sagt Aurelia König.
Nun soll das Mosten ebenfalls wieder anlaufen – auch Privatleute sollen ihre Äpfel zu Saft verarbeiten lassen können. „Für uns ist das ein Hobby“, sagt Thorsten Oeser, der eigentlich bei einem großen Lemgoer Unternehmen arbeitet. Und: „Es ist ein absolutes Saisongeschäft.“ Deshalb wollen die beiden – anders als Werner und Sabine Klemme, die in Echternhagen das Projekt eines Mostereibaus betreiben (die LZ berichtete) – auch keine Presse fest installieren: „Wir arbeiten mit der Mostmanufaktur von Wolfgang Diekmann aus Bad Salzuflen zusammen.“
Sechs Termine für die mobile Presse sind gebucht. Los geht es am Dienstag und Mittwoch, 29. und 30. September. Dann wollen die beiden auch Privatleuten die Möglichkeit geben, ihr eigenes Obst zu mosten. König und Oeser wollen damit keinen Reibach machen, versichern sie. „Uns reicht die schwarze Null.“ Wer mitgebrachtes Obst mosten lässt, zahlt 5,50 Euro pro Fünf-Liter-Kanister. Der Saft wird zwecks Pasteurisierung kurz auf 78 Grad erhitzt. Wer von König-Oeser kauft, zahlt 8 Euro.
Für den Saft verarbeiten die beiden dann aber auch alte Sorten, die auf der 2000 Quadratmeter großen naturnahen Streuobstwiese wachsen – mit so schönen Namen wie Bittenfelder Sämling, Weißer Winterstaffet oder Kardinal Bea. „Allergiker vertragen diese Sorten oft besser“, wissen Oeser und König. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Lemgo hat sich dieses Themas angenommen (die LZ berichtete).
Vor zwei Jahren mosteten die beiden das erste Mal auf dem ehemaligen Becker-Gelände. „Voriges Jahr hatten wir bei der Ernte einen Totalausfall.“ In diesem Jahr soll das Mosten in Lüdenhausen wieder richtig in Gang kommen. Auf 40 Tonnen eigene Früchte hofft Thorsten Oeser, weitere Wiesen dürfe er ernten.
Die beiden sind zuversichtlich, dass ihr Angebot angenommen wird und der naturtrübe Direktsaft seine Abnehmer findet. Viele Menschen hätten Obstbäume – und viele würden auch ernährungsbewusster, sagt Thorsten Oeser. „Auch wegen Corona gibt es nach meinem Eindruck eine Rückbesinnung zum Lokalen.“
Sie erreichen den Autor dieses Textes unter Tel. (05261) 9466-13 oder per E-Mail an jrademacher@lz.de. Kontakt zur Mosterei über die Facebookseite König-Oeser oder per E-Mail an thorstenoeser@t-online.de
aus www.lz.de vom 26.08.2020